Seit drei Jahrzehnten beobachtet Robert Michel nun schon, wie sich die Funktion des Badezimmers verändert. „In den 90er-Jahren gab es zwar schon Features aus dem Wellness-Bereich, aber mittlerweile geht das Bad als Entspannungsraum nahtlos in den Wohn- und Schlafbereich über“, sagt der Experte. Vor allem durch die Corona-Pandemie sei das Bedürfnis nach Wellness in den eigenen vier Wänden gestiegen. Im Jahr 2021 zeigt sich dieser Wandel durch neue Farben und Materialien.
Ruhige Nuancen wie Grau, Beige oder Sand verschwinden langsam aus deutschen Badezimmern. „Wir sehen jetzt charakterstarke Farben wie Grün, Gelb oder Bernstein. Das bringt mehr Leben ins Badezimmer, vermutlich auch angespornt durch die anhaltende Corona-Pandemie“, sagt Robert Michel. Bei den Armaturen ersetzen warme Farben wie Kupfer, Messing, Bronze oder Gold die kühl-silberne Variante. Auch in den Werkstoffen kommt diese neue Lebendigkeit zum Ausdruck: Laut Michel sind „ehrliche“ Materialien im Trend wie Hölzer mit Adern oder Steinsorten mit deutlich erkennbaren Strukturen. Das Badezimmer wird nicht mehr mit kalten Fliesen bis unter die Decke „zugenagelt“ – das passt nicht zur neuen Wohnlichkeit im Bad.
Tipp: Wer sein Badezimmer ohne großes Budget auffrischen möchte, kann einzelne Wandbereiche mit gemusterten Vinyltapeten verschönern. Wasserfeste Wandbilder fokussieren den Blick des Betrachters und machen die Raumgestaltung besonders individuell.
Robert Michel ruft auch bei der Wahl des Fußbodens dazu auf, althergebrachte Standards infrage zu stellen: „Vor einem Holzfußboden im Badezimmer schrecken noch viele Kunden zurück, aber warum eigentlich? In der Küche ist das auch kein Problem und da kommen neben den Wassertropfen noch Fettspritzer und Lebensmittelreste dazu. Es gibt viele tolle wasserresistente Hölzer“, sagt der Designexperte.
Wellness in den eigenen vier Wänden
Bei der Badezimmergestaltung lassen sich immer mehr Menschen vom gemütlichen Spa-Ambiente inspirieren. Ein großer Trend, den Michel derzeit beobachtet, sind die größer werdenden Duschflächen. „Meine Kunden wünschen sich großzügige Duschen mit mehreren Wasserquellen und Sitzflächen. Dazu kommen häufig Wassergüsse, Seitendüsen, Nebeldüsen und Fußbäder.“ Auch außerhalb des Duschbereichs sind Sitzmöglichkeiten beliebter geworden, um das Badezimmer wohnlicher zu gestalten.
Dies lässt sich entweder architektonisch lösen, beispielsweise als durchlaufende Sitzbank zwischen sanitären Vorrichtungen, oder durch ein einzelnes Möbelstück. „Polstermöbel sorgen durch ihre Stofflichkeit für mehr Gemütlichkeit und eignen sich gleichzeitig auch als Ablagefläche für Kleidung“, sagt Michel. Ein weiterer Trend, der die Wandlung zum Home Spa verdeutlicht, ist die Rückkehr der Sauna – allerdings nicht mehr als klassische Holzkammer aus nordischer Fichte im Keller. Die moderne Sauna ziert als Designobjekt das Badezimmer, meist als platzsparende Variante mit verglasten Flächen und modernen Hölzern.
Zukunft und Nachhaltigkeit
Robert Michel rät dazu, sich bei der Planung des Badezimmers Zeit zu nehmen, um die Herkunft und die Fertigungsprozesse der einzelnen Produkte zu hinterfragen. „Viele Menschen fahren mit dem Fahrrad zum Wochenmarkt, um regionale Lebensmittel zu kaufen. Aber bei der Beschaffung von Sanitäranlagen hinkt der Nachhaltigkeitsgedanke noch hinterher“, sagt Michel.
In der Branche komme die Frage nach fairen Arbeitsbedingungen, Umweltauflagen und Transportwegen seiner Meinung nach zu kurz. „Ich überprüfe bei meinen verwendeten Produkten, ob die Werkstoffe aus vertrauenswürdigen Bezugsquellen stammen. Viele Badewannen von Billiganbietern werden unter menschenunwürdigen Bedingungen in Sri Lanka oder China gegossen“, warnt der Experte. Zudem müsse man brasilianischen Naturstein nicht um die ganze Welt verschiffen lassen, weil es wunderbare Steinarten auch in Deutschland oder in Italien gebe.
„Wir stehen zwar erst am Anfang, aber künftig wird Nachhaltigkeit auch im Badezimmer eine wichtige Rolle spielen.“ Ein weiterer Trend für die Zukunft: Michel glaubt an smarte Sanitäranlagen für gesundheitliche Check-ups. Es gibt bereits Toiletten, die durch Urinanalysen bestimmte Krankheiten erkennen können.
Die vollständige Technologisierung des Sanitärbereichs schließt er allerdings aus: „Mediale Beschallung durch Flachbildfernseher und WLAN-Spiegel stören die Ruhe. Das Badezimmer gehört heutzutage schon zu den wenigen Ort der Entspannung, an denen man völlig ungestört ist – und das wird auch langfristig so bleiben.“
Foto oben/ Header: Michel Bäder GmbH