Herr Ofenheusle, was ist eigentlich ein Balkonkraftwerk?
Der Begriff ist ein bisschen irreführend, weil es nicht nur um den Balkon geht. Die offizielle Bezeichnung lautet Steckersolargerät und ein solches kann man fast überall betreiben. Denn inzwischen gibt es nicht nur für nahezu alle Balkonvarianten Montagesysteme, sondern auch für Terrassen, für die Verankerung im Boden, für Fassaden, für Carports – der Fantasie sind da eigentlich keine Grenzen gesetzt.
Was gehört zu einem solchen Steckersolargerät?
Es besteht aus drei Komponenten: aus Solarmodulen, die den Strom erzeugen; aus dem Wechselrichter, der ihn für den Haushalt nutzbar macht; und aus dem Anschluss ans Hausstromnetz, damit der Strom die elektrischen Geräte antreiben kann. In der einfachen Variante erfolgt das mit einem haushaltsüblichen Schuko-Stecker.
Worin besteht der Unterschied zu einer Photovoltaikanlage (PVA)?
Mit einer Ausnahme, dem Wechselrichter, sind die Komponenten im Prinzip identisch. Bei einer PVA, die aus hintereinander geschalteten Strängen von Solarmodulen besteht, sind String-Wechselrichter eingebaut, während es bei Steckersolargeräten Modul- bzw. Mikrowechselrichter sind. Sie verfügen für jedes Modul über ein eigenes sogenanntes Maximum Power Point Tracking (MPPT). Das sorgt dafür, dass die Module unabhängig voneinander die bestmögliche Leistung bringen. String-Wechselrichter können nur einen ganzen Strang überwachen. Das heißt: Wenn etwa ein Modul des Strangs beschattet wird, verringert sich die Leistung des ganzen Strangs.

Was muss ich bei der Anschaffung eines Balkonkraftwerks beachten?
Generell empfehle ich, bei einem Fachhändler zu kaufen und nicht bei einem Schnäppchen im Supermarkt zuzugreifen. Ein Fachhändler kann einschätzen, welches Produkt für Ihren speziellen Fall geeignet ist. Man kann zum Beispiel nicht jedes Solarmodul in 20 Metern Höhe anbringen. Denn dort müssen sie bestimmte Windlasten aushalten und das können eben nicht alle.
Welche Anforderungen werden an die Bauteile gestellt?
Die Komponenten müssen jeweils bestimmte technische Voraussetzungen mitbringen, die nicht alle Angebote erfüllen. Wichtig ist, dass für den Wechselrichter ein Zertifikat über die VDE-Anwendungsnorm VDE-AR-N 4105 vorliegt. Sie regelt die technischen Anforderungen für Stromerzeugungsanlagen wie PVA und Balkonkraftwerke. Notwendig ist auch eine integrierte Vorrichtung für den Netz- und Anlagenschutz (NA-Schutz), die im Fehlerfall für die sofortige Abschaltung der Anlage sorgt.
Brauche ich als Hauseigentümer eine Genehmigung für mein Balkonkraftwerk?
Nein, die ist bei einem eigenen Haus nicht notwendig. Aus Haftungsgründen ist es aber wichtig, die elektrotechnischen Vorschriften einzuhalten.
»Es reicht, das Balkonkraftwerk bei der Bundesnetzagentur zu registrieren.«
Christian Ofenheusle
Wie verhält es sich bei einer Eigentumswohnung?
Seit Oktober 2024 gilt ein Gesetz, wonach Steckersolargeräte in den Katalog der privilegierten Maßnahmen aufgenommen wurden. Wohnungseigentümer in Mehrparteienhäusern, aber auch Mieter haben jetzt grundsätzlich Anspruch auf die Nutzung eines solchen Geräts. Sie müssen zwar immer noch um eine Genehmigung bzw. Zustimmung bitten. Aber Eigentümergemeinschaften oder Vermieter können den Anspruch nur aus einem triftigen Grund zurückweisen.
Wie viel Leistung darf ein Balkonkraftwerk liefern?
Gesetzlich erlaubt sind Anlagen, die bis zu 800 Watt in das Netz einspeisen können. Die Leistung des Wechselrichters ist deshalb auf diese Leistung begrenzt. Die installierte Nennleistung der Solarmodule darf höher sein und bis zu 2.000 Watt Peak betragen. Denn die Module liefern nur selten ihre gesamte Leistung, etwa weil sie nicht nach Süden ausgerichtet sind oder die Anwinklung nicht perfekt ist.

Wie viel Strom produziert ein Balkonkraftwerk?
Wenn wir von einem Standardgerät ausgehen mit 800 Watt Peak an Modulleistung und entsprechender Wechselrichterleistung, kann man bei optimaler Ausrichtung und Anwinkelung von 800 Kilowattstunden pro Jahr an Ertrag ausgehen. Aber schon bei einer senkrechten Anbringung gehen etwa 30 Prozent der möglichen Leistung verloren. Und wenn die Ausrichtung zum Beispiel nicht nach Süden, sondern nach Südwesten ist, büßt die Anlage zehn bis 20 Prozent ihrer Nennleistung ein.
Wo liegt der Preis für ein Balkonkraftwerk derzeit in etwa?
Der Preisverfall in den vergangenen Jahren war enorm. 2018 mussten Kunden noch etwa 1,20 Euro pro Watt Peak bezahlen, heute sind wir bei 50 Cent. Heißt: Wir rechnen aktuell mit durchschnittlichen Preisen von 400 Euro für ein 800 Watt Balkonkraftwerk. Noch mindestens bis 2026 sind Balkonkraftwerke übrigens von der Mehrwertsteuer befreit. Das heißt für Anwender: In der Regel amortisiert sich ein Balkonkraftwerk je nach Ausrichtung und Anbringung innerhalb weniger Jahre.
Muss ich mein Balkonkraftwerk bei einer Behörde anmelden?
Seit Mai 2024 reicht es, ein Balkonkraftwerk im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur zu registrieren. Das geht auf der Webseite marktstammdatenregister.de mit wenigen Klicks. Für die Registrierung haben Sie vier Wochen nach Inbetriebnahme des Geräts Zeit. Eine Anmeldung beim zuständigen Netzbetreiber ist nicht erforderlich. Allerdings wird der automatisch informiert, wenn die Registrierung im Marktstammdatenregister erfolgt ist. Der Netzbetreiber tauscht dann den Stromzähler aus, sollte dies erforderlich sein. Der Austausch ist kostenlos. Sie müssen mit der Inbetriebnahme des Balkonkraftwerks aber nicht bis zum Zählertausch warten, sondern können sofort eigenen Strom produzieren.

Was passiert mit dem Strom, der nicht selbst verbraucht wird?
Der wird in das öffentliche Netz eingespeist, allerdings gibt es dafür in der Regel keine Vergütung. Aber bei den geringen Mengen, um die es bei einem Balkonkraftwerk geht, und einer Einspeisevergütung für Strom aus Photovoltaikanlagen von nicht mal acht Cent, wäre der Betrag auch überschaubar. Da kann es sinnvoller sein, sich einen Batteriespeicher anzuschaffen und dadurch mehr vom selbst produzierten Strom verbrauchen zu können. Denn auch für Speicher sind die Preise zuletzt stark gesunken.
»Ein Balkonkraftwerk amortisiert sich je nach Ausrichtung und Anbringung innerhalb weniger Jahre.«
Christian Ofenheusle
Ist für die Montage eine Fachkraft erforderlich?
Die Montage eines handelsüblichen Balkonkraftwerks können auch Laien gut schaffen, dafür ist nur wenig Geschick oder gar handwerkliches Können erforderlich. Was gesetzlich gefordert wird, ist eine fachgerechte Installation. Die erreicht man für gewöhnlich, indem man die Aufbauanleitung sorgfältig befolgt. Wer sich das nicht selbst zutraut, kann zum Beispiel beim Fachhändler nach einem Angebot für die Montage fragen.
Brauche ich eine spezielle Versicherung?
Das Gerät ist in der Regel über die Hausratversicherung versichert. Das können Sie im Zweifel durch einen Anruf bei Ihrer Versicherung klären. Eine private Haftpflichtversicherung deckt Schäden ab, die Ihr Gerät am Eigentum Dritter verursacht, zum Beispiel wenn bei der Anbringung des Solarmoduls nicht nach der Montageanleitung verfahren wurde, es deshalb abstürzt und Sachen oder gar Personen schädigt.
Christian Ofenheusle betreibt das Beratungsunternehmen Empower Source und gehört der Arbeitsgemeinschaft Balkonkraftwerke an.